Unter widerrechtlicher Drohung unterzeichnete Aufhebungsverträge sind nichtig
23. Februar 2008 - Karl
Riskanter Druck zur Unterschrift
Verhält sich ein Arbeitnehmer aus Sicht seines Arbeitgebers vertragswidrig, führt dies zum Teil zu einem Personalgespräch, in welchem dem Mitarbeiter unter Androhung einer fristlosen Kündigung eine Aufhebungsvereinbarung vorgelegt wird, die er „jetzt oder nie mehr“ unterschreiben könne. Gerade, wenn die Vorwürfe unerwartet kommen und mit einer entsprechenden Vehemenz vorgebracht werden, reagieren manche Betroffenen irrational und unterzeichnen die Vereinbarung als geringeres Übel sofort. Erst bei späterem Überlegen stellen sie ihren Irrtum fest. In solchen Fällen kann der Mitarbeiter die Unterschrift noch bis zu einem Jahr nach Abschluss der Vereinbarung anfechten.Das Bundesarbeitsgericht (BAG) führt in einer Entscheidung aus (6 AZR 1108/06), dass die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung widerrechtlich ist, wenn ein Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung ergibt sich aus der Unverhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck. Das heißt, eine Drohung verstößt immer dann gegen das Recht, wenn der Drohende kein berechtigtes Interesse an der Durchsetzung des verfolgten Zwecks hat.Wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände davon ausgehen muss, die in Aussicht gestellte Kündigung würde einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung wohl nicht standhalten, darf er mit keiner außerordentlichen Kündigung drohen, um damit den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen.
Kompliziert wird die Angelegenheit, wenn der Arbeitgeber eine Bedenkzeit einräumt und der Mitarbeiter in die weitere Verhandlung mit eigenen Gegenangeboten eintritt, welche im Ergebnis – wenn auch nur teilweise – berücksichtigt werden. Das BAG betont, dass die Anfechtung nur in solchen Fällen möglich sei, wenn die Drohung mit dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung die Ursache für die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages war. Zwar sei allein die Einräumung einer Bedenkzeit kein Grund für die Annahme, dass die Drohung nicht mehr alleinige Ursache für den späteren Abschluss der Vereinbarung war. Für eine von der Drohung nicht mehr maßgeblich beeinflusste Willensbildung spricht jedoch, dass der Anfechtende die Bedenkzeit dazu genutzt hat, die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung durch aktives Verhandeln, beispielsweise durch eigene Angebote, erheblich zu seinen Gunsten beeinflussen. Dies gilt insbesondere wenn er selbst rechtskundig ist oder zuvor Rechtsrat eingeholt hat oder auf Grund der Dauer der eingeräumten Bedenkzeit hätte einholen können.
Bedenkzeit nützt Arbeitgebern
Das Risiko einer späteren Anfechtbarkeit eines unter Druck verhandelten Aufhebungsvertrages wird also dadurch minimiert, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Möglichkeit der Einbringung eigener Gegenvorstellungen und eine Bedenkzeit einräumt.