Der Chef kann Mehrarbeit anordnen

Es mutet seltsam an, wenn einem auf einer Teilzeitstelle beschäftigten Arbeitnehmer die Ableistung von vielen Überstunden auferlegt wird. Schließlich könnte er dann auch in Vollzeit arbeiten. Jedoch entspricht es der unternehmerischen Freiheit, wie der Betrieb geführt wird und woran sich der Arbeitgeber binden möchte. Auch häufige und umfangreiche Überstundenanordnungen stellen daher keinen Anspruch auf Abschluss eines Vollzeitarbeitsvertrages dar, ebenso wenig, wie eine Überführung in eine Vollzeitbeschäftigung.Zwar ist letztlich das gelebte Arbeitsverhältnis für die Bestimmung seines Inhalts relevant. In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) für die Bestimmung der vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt (Az.: 5 AZR 296/00). Will man aber den Vertrag ganz ändern, setzt dies voraus, dass die Parteien entsprechende Erklärungen abgeben. Dafür kann etwa von Bedeutung sein, um welche Art von Arbeit es sich handelt, wie sie in die betrieblichen Abläufe integriert ist und in welcher Weise die Arbeitszeit hinsichtlich Dauer und Lage geregelt oder ausgedehnt wird.Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber – auch längere Zeit – unter deutlicher Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, ergibt für sich genommen keine Vertragsänderung. Der Arbeitseinsatz ist ein tatsächliches Verhalten, der nicht unbedingt einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses hat. Vielmehr ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen.

Allein aus dem Umstand, dass regelmäßig Mehrarbeit abgeleistet wird, kann nicht gefolgert werden, dass hierdurch eine einvernehmliche Abänderung der ursprünglich vereinbarten Teilzeit in ein Vollzeitarbeitsverhältnis erfolgen soll. Das gilt selbst in den Fällen, in denen die Anordnung über Jahre hinweg regelmäßig erfolgte. Auch dann kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber stillschweigend mit einer Vollzeitbeschäftigung einverstanden ist. Insbesondere kann dann nicht auf eine solche Absicht geschlossen werden, wenn der Arbeitgeber stets vor Anordnung der Überstunden ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich um angeordnete Mehrarbeit handele.

Einseitige Erklärung

Im Fall der Befristung von einzelnen Arbeitsbedingungen will sich der Arbeitgeber nur insoweit vertraglich binden. Bei der Anordnung von Überstunden handelt es sich aber von vornherein um eine einseitige Maßnahme, ohne Vertragsbindungswillen des Arbeitgebers. Daher kann, ohne ausdrückliche tarifliche oder gesetzliche Regelung, aus diesem Verhalten noch keine unbefristete Vereinbarung bestimmter Arbeitsbedingungen gefolgert werden. Ansonsten würde eine Vertragserklärung des Arbeitgebers, die tatsächlich gar nicht vorliegt, einfach erfunden werden.