Leiharbeitnehmern darf nicht das Risiko fehlender Aufträge aufgebürdet werden
22. Juli 2006 - Andreas Dittmann
Keine willkürliche Kündigung
Kurzfristige Nachfragehöhepunkte erfordern eine möglichst flexible Personalstruktur. Hierbei hat sich der Einsatz von Leiharbeitnehmern in vielen Branchen als Alternative zum Einsatz eigener Angestellter erwiesen. Manche Wirtschaftszweige operieren nahezu ausschließlich mit geliehenem Personal. Zwar gilt nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz das Gleichbezahlungs-Prinzip für feste und entliehene Arbeitnehmer, aber der Arbeitgeber hat auch unabhängig vom Lohn dadurch Vorteile: Der Entleiher kann Arbeitskräfte nach Bedarf beim Verleiher ordern und bei Ende der Bedarfsspitze wieder an den Verleiher zurückgeben. Nur für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung obliegen dem Entleiher die Arbeitgeberpflichten und der Arbeitnehmer erhält ein entsprechendes Entgelt. Gleiches gilt für den vorübergehenden Bedarf an Spezialisten.Unterliegt der Verleiher einem Tarifvertrag, kann von dem Grundprinzip der gleichen Bezahlung von festen Mitarbeitern und Leiharbeitnehmern beim Entleiher zu Lasten der entliehenen Mitarbeiter abgewichen werden. Zudem braucht das entleihende Unternehmen bei der Rückgabe keine Kündigungsfristen einzuhalten.
Das spart Geld und lässt die eigene Personalverwaltung schrumpfen. Das betriebliche Risiko für einen Produktionsrückgang wird auf den Verleiher übertragen. In der Regel konnte dieser wiederum bei Wegfall eines Auftrages zur Beschäftigung seiner Arbeitnehmer diesen aus dringenden betrieblichen Gründen kündigen. Damit wurde faktisch das vom Entleiher auf den Verleiher weiter gereichte Betriebsrisiko entgegen der gesetzgeberischen Vorstellung auf den Arbeitnehmer übertragen.Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Möglichkeiten eingeschränkt (Aktenzeichen: 2 AZR 412/05). Eine Kündigung ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen des Kündigungsschutzgesetzes nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitsanfall und damit der Beschäftigungsbedarf dauerhaft zurückgegangen ist. Der Rückgang muss also in dem Maße erfolgt sein, dass zukünftig das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer weggefallen ist. In seiner Entscheidung hat das Gericht darauf abgestellt, dass der Arbeitgeber für die Begründung einer Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründe mehr vortragen muss, als nur den Wegfall eines laufenden und das Fehlen zukünftiger Aufträge. Denn letztlich liege in dem Auftreten kurzfristiger Auftragslücken gerade das typische unternehmerische Risiko, was auch ein Leiharbeitgeber zu tragen habe.
Andere Verwendung
Bei seiner Entscheidung muss der Leiharbeitgeber prüfen, ob in seinem Betrieb nicht ein anderweitiger Einsatz möglich ist und gegebenenfalls entsprechende langfristige Vorkehrungen treffen, um den anderweitigen Einsatz seines Mitarbeiters vorzubereiten. Allein der Umstand, dass der Mitarbeiter ausschließlich für einen bestimmten Kunden tätig gewesen war und mit seiner besonderen Qualifikation anderweitig nicht mehr eingesetzt werden könne, genüge dafür aber allein noch nicht, hieß es.