Einschränkung des Freistellungsanspruchs Betriebsrates bei Stunden-Honorarvereinbarung bei Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen

 

BAG, Beschluss vom 14.12.2016 – 7 ABR 8/15

 

Das Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob die zwischen einem Gesamtbetriebsrat und einem Rechtsanwalt für die Vertretung in Interessenausgleich-und Sozialplanverhandlungen abgeschlossene Honorarvereinbarung i.H.v. 290,00 € netto zzgl. 100 € netto pro Reisestunde vom Arbeitgeber zu erstattende erforderliche Kosten im Sinne von § 40 Abs. 1 BetrVG sind.

 

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dem Betriebsrat steht folglich gegen den Arbeitgeber  ein entsprechender Freistellungsanspruch von den aus seiner Tätigkeit herrührenden erforderlichen Kosten zu. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat zur Durchsetzung oder Wahrung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder in einem Einigungsstellenverfahren oder im Vorfeld solcher Verfahren für erforderlich halten durfte. Dem Betriebsrat steht bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und einer mit diesem zu treffenden Honorarvereinbarung ein Beurteilungsspielraum zu. Dabei hat der Betriebsrat abzuwägen, ob die Hinzuziehung des Rechtsanwalts sowie eine gegebenenfalls erteilte Honorarzusage der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats diente und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern bei seiner Entscheidung auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers, insbesondere auch dem Interesse an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht, Rechnung getragen hat (BAG, Beschluss vom 09.06.1999 – 7 ABR 66/97, NZA 1999, 1292 [zu B II 2]). [23]cc).

Folgende Kosten sind nach der Rechtsprechung des BAG vom Arbeitgeber grundsätzlich zu tragen:

  • gesetzliche Honorarkosten für die Vertretung des Betriebsrates in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (BAG,Beschl. v. 18.3.2015 – 7 ABR 4/13, NZA 2015, 954 Rn. 10;Beschl. v. 20.8.2014 – 7 ABR 60/12, NZA 2015, 1530 Rn. 22; Beschluss vom 29. 7. 2009 – 7 ABR 95/07, NZA 2009, 1223 Rn. 16 ff. mwN)
  • Honorarkosten für die Tätigkeit in einem Einigungsstellenverfahren als Beisitzer i.H.v. 7/10 des Sitzungssatzes der/des Einigungsstellenvorsitzenden ((BAG, Beschluß vom 14.02.1996 – 7 ABR 25/95, NZA 1996, 892 [zu B II 1]; Beschluß vom 21.06.1989 – 7 ABR 78/87, NZA 1990, 107
  • gesetzliche Kosten des Rechtsanwalts im Vorfeld eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens oder eines Einigungsstellenverfahrens, um die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte des Betriebsrates durchzusetzen oder wahrzunehmen (vgl. BAG, NZA 2015, 629 Rn. 27; Beschl. v. 15.11.2000 – 7 ABR 24/00)
  • gesetzliche Kosten des Rechtsanwalts für die außergerichtliche Geltendmachung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte gegenüber dem Arbeitgeber zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung (vgl. BAG, Beschl. v. 14.12.2016 – 7 ABR 8/15, NZA 2017, 514, Rn. 11)
  • gesetzliche Kosten des Rechtsanwalts, der vom Betriebsrat mit der Verhandlung über einen Interessenausgleich oder eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber beauftragt wird mit dem Ziel, die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens zu vermeiden (vgl. BAG,Beschl. v. 14.12.2016 – 7 ABR 8/15, NZA 2017, 514, Rn. 11)

 

Der Betriebsrat darf nach der jetzigen Entscheidung des BAG die Vereinbarung eines Stundenhonorars, welche zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führt, grundsätzlich nicht mehr für erforderlich halten.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung auf den Grundsatz der Kostenschonung des Arbeitgebers abgestellt. Der Grundsatz, dass unter mehreren gleich geeigneten Möglichkeiten die für den Arbeitgeber kostengünstigere auszuwählen ist (vgl. BAG, Beschl. v. 25.6.2014 – 7 ABR 70/12, NZA 2015, 629 Rn. 28;  Beschluss vom 29. 7. 2009 – 7 ABR 95/07, NZA 2009, 1223 Rn. 17 mwN), gilt auch für die Erteilung einer Honorarzusage. Daher darf der Betriebsrat im Hinblick auf das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostenbelastung die Erteilung einer Honorarzusage, die zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führt, grundsätzlich nicht für erforderlich halten. Dies gilt nicht nur für den Fall der Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchführung eines Beschlussverfahrens (vgl. dazu BAG, Beschluß vom 20. 10. 1999 – 7 ABR 25/98, NZA 2000, 556 [zu B II]), sondern auch für die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Führung von Verhandlungen in der Einigungsstelle oder im Vorfeld einer solchen.

Der Abschluss einer Stunden-Honorarvereinbarung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht:

  • der Arbeitgeber ist mit der Honorarvereinbarung einverstanden oder
  • der Arbeitgeber hat in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen den Abschluss von Honorarvereinbarungen akzeptiert oder
  • es handelt sich um einen speziellen Verhandlungsgegenstand und der vom Betriebsrat ausgewählte Rechtsanwalt verfügt über entsprechende Spezialkenntnisse, die andere Anwälte nicht haben und er ist nur bereit das Mandat gegen Abschluss einer Stunden-Honorarvereinbarung zu übernehmen und der Betriebsrat hat keinen anderen, gleich geeigneten Rechtsanwalt gefunden, der zu günstigeren Konditionen bereit war, das Mandat zu übernehmen

 

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass für die Bemessung der Höhe der gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts sodann die Gegenstandswerte für die beauftragten Tätigkeiten zugrunde zu legen sind. Der Abschluss einer Stunden-Honorarvereinbarung ist daher immer noch zulässig, solange in der Summe der Stunden-Honorare die Grenze der gesetzlichen Honorare nicht überschritten wird.

 

Praxis-Tipp:

Es sollte im Vorfeld sich anbahnender Interessenausgleich-und Sozialplanverhandlungen mit der Arbeitgeberseite ein dreiseitiger Vertrag abgeschlossen werden, welcher die Kostentragung für ein angemessenes Stunden-Honorar des den Betriebsrat vertretenden Rechtsanwalts regelt. Eine ohne Zustimmung des Arbeitgebers abgeschlossene Honorarvereinbarung sollte eine Deckelung in der Höhe der gesetzlichen Gebühren beinhalten.

 

Andreas Dittmann

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht