Arbeitgeber muss behauptete Pflichtverletzung beweisen
28. August 2004 - Karl
Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat festgestellt, dass die Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz als verhaltensbedingte oder als personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein kann (Aktenzeichen: 2 AZR 667/02). In dem Fall hatte ein Arbeitnehmer seine Firma verklagt. Als Packer hatte er die Aufgabe, Waren zu verladen. Der Arbeitgeber zahlte neben dem Lohn eine Prämie, wenn der Arbeitnehmer eine „Normalleistung 1,0“ übertrifft. Nach Darstellung des Arbeitgebers unterschritt der Kläger die Durchschnittsleistung um 40 bis 50 Prozent. Zwei Mal mahnte die Firma den Kläger erfolglos ab, er solle mindestens eine Leistung von 100 Prozent erzielen und kündigte ihm anschließend. Das BAG hat dazu festgestellt, dass die Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer als verhaltensbedingte oder als personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sei. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Ein Arbeitnehmer genügt – mangels anderer Vereinbarungen – seiner Vertragspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet. Er verstößt gegen seine Arbeitspflicht nicht allein dadurch, dass er eine vom Arbeitgeber gesetzte Norm oder die Durchschnittsleistung aller Arbeitnehmer unterschreitet. Allerdings kann die längerfristige deutliche Unterschreitung des Durchschnitts ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer weniger arbeitet als er könnte. Eine personenbedingte Kündigung kommt hingegen in Betracht, wenn bei einem über längere Zeit erheblich leistungsschwachen Arbeitnehmer auch für die Zukunft mit einer schweren Störung des Vertragsgleichgewichts zu rechnen ist. Voraussetzung ist hier allerdings, dass dem Schutz älterer, langjährig beschäftigter und erkrankter Arbeitnehmer ausreichend Rechnung getragen wird. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist zu beachten, dass der Mitarbeiter nur verpflichtet ist, „unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit“ zu arbeiten. Die Durchschnittsleistung der Kollegen ist zwar nicht Leistungsmaßstab für den Mitarbeiter, aber zur Erfüllung der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers brauchbar. Ob dies im Einzelfall für eine verhaltensbedingte Kündigung ausreicht, hängt von den Umständen ab. Will ein Arbeitgeber aus Leistungsgründen kündigen, muss er gut vorbereitet sein. Er muss seine Leistungserwartungen präzisiert haben und verbindliche Leistungsvorgaben ausdrücklich arbeitsvertraglich vereinbaren. Die Leistungen des Mitarbeiters müssen über einen längeren Zeitraum gemessen und dokumentiert werden.