Beschäftigter muss Vorwurf kennen
28. September 2002 - Andreas Dittmann
Vor der Kündigung steht die Abmahnung
Nach dem Kündigungsschutzgesetz kann sich ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer durch die so genannte verhaltensbedingte Kündigung trennen. Sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, weil das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden, gilt Folgendes: Dem Beschäftigten muss eine schuldhafte Vertragsverletzung zur Last gelegt werden. Hier wird zwischen Verletzung von Haupt- und Nebenleistungspflichten unterschieden. Typisch sind dafür Arbeitsverweigerung oder unentschuldigtes Fehlen. Fälle der Verletzung von Nebenpflichten sind etwa die Beleidigung von Kollegen, Verletzungen von Alkohol- oder Rauchverboten, verspätete Krankmeldung oder Diebstahl im Betrieb. Mit der verhaltensbedingten Kündigung soll nicht die Vergangenheit bewältigt, sondern das Risiko weiterer Vertragsverletzungen ausgeschlossen werden. Entscheidend ist, ob eine Wiederholungsgefahr besteht, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lässt. Dabei gilt: Je größer das Verschulden war, desto eher ist eine ungünstige Prognose gerechtfertigt. Verletzung der Pflichten: Grundsätzlich ist vor jeder verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Für den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung wegen der Wiederholung eines Fehlverhaltens genügt es, wenn der Arbeitgeber ein vertragswidriges Verhalten einmal mittels einschlägiger Abmahnung moniert hat. Es muss sich dabei um eine erneute Verletzung des gleichen Pflichtenkreises handeln. Die Abmahnung muss dem Beschäftigten genau vor Augen führen, welches Fehlverhalten bemängelt wird und dass ihm im Wiederholungsfall die Kündigung droht. Nur so kann die Abmahnung ihrer Warnfunktion gerecht werden und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Verhaltensänderung gegeben werden. Bei Störungen im Vertrauensbereich, etwa Diebstahl im Betrieb, betrachten die Gerichte eine Abmahnung grundsätzlich als überflüssig, da dem Arbeitnehmer bei Begehung der Tat klar sein musste, dass ein solches Verhalten vom Arbeitgeber nicht toleriert werden wird. Bevor der Chef im Falle arbeitsplatzbezogener Pflichtverletzungen (etwa Schlechtleistung, Streit mit Kollegen) eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen darf, muss er prüfen, ob bereits durch eine Versetzung des Arbeitnehmers an einen anderen Arbeitsplatz eine Wiederholung vermieden werden kann. Entscheidend ist in jedem Falle aber eine Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses und dem des Arbeitnehmers an dessen Fortsetzung. Als Kriterien sind dabei auch die Dauer des bisher ungestörten Arbeitsverhältnisses und die Wiederholungsgefahr heranzuziehen.